Technik
Die Messer- und die Sägetechnik
nehmen in der Intarsienkunst eine ganz besondere Stellung ein. Als den Kunsthandwerkern die einfachen geometrischen Zusammensetzungen der Holzmosaike nicht mehr genügten, gingen sie, die vielfältigen Formen der Natur als Vorbild nehmend, zu den Arabesken und Mauresken (Bandverschlingungen) über. Diese bildeten den Übergang zu den ersten pflanzlichen und tierischen Motiven. Daraus entwickelten sich später ganze Intarsienbilder.
Die Intarsiatoren kamen von selbst auf die Messertechnik
welche die einzige damalige Möglichkeit war, Rundformen zu schneiden.
Auf einem eingelegten Selbstbildnis zeigt sich der bereits erwähnte florentinische Intarsienschneider Antonio Barili selber bei der Arbeit mit dem Schultermesser und seinem ganzen übrigen Werkzeug: einem kleinen Messer, einem Hohleisen und dem Aufreissstift. Der Meister bearbeitet eine vor ihm auf dem Tisch befestigte Platte, in welcher er den folgenden Text einritzt: «Hoc ego Antonius Barilis opus coelo non penicello excussi an D MCCCCCII.» (Dieses Werk habe ich, Antonio Barili, mit dem Meissel (Grabstichel bzw. Schultermesser) ausgeschnitten, also nicht mit dem Pinsel (gemalt) im Jahre des Herrn 1502).
Auf einem massiven Unterbrett (meistens aus Nadelholz) wurden die Einzelteile Stück an Stück aneinander geleimt.
Mit dem Schultermesser, welches bis 1900 noch vom Schreiner zum Einritzen von Gratnuten und dergleichen benutzt wurde, hat man eine ruhige Führung und wesentlich mehr Kraft als bei freier Messerführung.
Bei der heutigen Messertechnik, wo dünne Furniere von 0,5 - 1 mm verwendet werden, sind die grossen, umständlichen Schultermesser nicht mehr nötig. Es werden Japanmesser, Chirurgenskalpelle etc. benützt.
Die Messertechnik bietet zwei verschiedene Verfahren
zum Herstellen eines Intarsienbildes: Die ältere und meist gebrauchte Methode ist das Arbeiten nach einer festgelegten Zeichnung. Man hat von Anfang an eine feste Vorstellung des fertigen Bildes. Die Anzahl und Form der Furnierstücke ist gegeben, sie werden auf Grund der Zeichnung erst ausgeschnitten und zusammengesetzt, dann aufgeleimt.
Beim zweiten Verfahren ist nichts genau festgelegt.
Man beginnt immer mit dem Hintergrund, bei einer Landschaft z.B. mit dem Himmel. Es wird ein helles, grosses Stück Holz ausgesucht und aufgeklebt. Dann wird beispielsweise Furnier für die Berge mit dem Messer ausgeschnitten, auf den unteren Teil des Himmels gelegt und dort umrissen. Jetzt wird das «Zuviel» an Himmel weggearbeitet und die Berge, welche nach oben wiederum gross genug gewählt wurden, eingepasst. Nun «pflanzt» man vielleicht Bäume, setzt Felder usw. - Man arbeitet sich langsam bis in den Vordergrund.
Dieses Vorgehen mag verlockend erscheinen, ist aber, nicht sehr fachmännisch, da das Trägermaterial (in der Regel Sperrholz) nicht in einem Arbeitsgang «furniert» werden kann. Nebst anderen Nachteilen ist dann die Gefahr gross, dass sich die Trägerplatte (und somit das ganze Bild) verformt. unter «Furnieren», versteht man in der Fachsprache das beidseitige Aufleimen einer (zusammengesetzten) Furnierfläche auf ein Trägermaterial. Der Vorgang geschieht meistens unter hoher Temperatur in einer Furnierpresse.
Die Erfindung der Laubsäge
und einer Furnierschneidemaschine ermöglichten, wie bereits erwähnt wurde, eine grundlegende Änderung der Einlegetechnik. Die Uhrfederstahlsäglein, die damals von Hand gefeilt und geschärft wurden, werden heute viel feiner und maschinell hergestellt.
Der Sägevorgang ermöglicht es, auf einfache Weise auch aus harten und spröden Holzarten alle beliebigen Schweifungen auszuschneiden. Ohne die Laubsäge wäre es A. Ch. Boulle unmöglich gewesen, Metall- und Schildpattarbeiten auszuführen.
Die alte Sägetechnik arbeitete mit Furnierholzflächen von 2 bis 4 mm Stärke (sog. Dickten), die mit dem Handbügel im Sägebock ausgeschnitten wurden. Der Sägebock war bis 1850 das übliche Arbeitsgerät beim Schneiden - eine Einspannvorrichtung, die in mehreren Abwandlungen vorkam und in die die Dickten senkrecht durch leichten Fussdruck eingespannt wurden. Die Laubsäge führte man waagrecht.
Die berühmten Arbeiten David Roentgen sind auf diesem Typ gesägt worden.
Bei der neuen Sägetechnik werden sog. Dekupiersägen verwendet, welche sich die Intarsiatoren im 19. Jahrhundert noch selber bauten.
Ich habe mir,1984 auch eine solche «Dekupiersäge mit Fusstretrahmen» aus Eiche konstruiert. Mit dieser Säge lässt sich (im Vergleich zu elektrisch betriebenen Maschinen) mit viel mehr Gefühl arbeiten, da die Geschwindigkeit stets dem Material und der Zeichnung angepasst werden kann.
Man sägt stets mehrere Furnierblätter miteinander,
weil sich ein einzelnes Furnierblatt schlecht sägen lässt. Die Poren leiten den Schnitt in falsche Richtung; das dünne Furnier bricht oder reisst ein.
Das verlockt natürlich dazu, mit den zuviel geschnittenen Teichen weitere Intarsien zusammenzustellen. Das wurde schon früher getan und ist heute noch blich.
Auf diese weise wird heute in den «Intarsienproduktionswerkstätten» viel Missbrauch getrieben: Die gleiche Zeichnung wird x-mal verwendet. oft findet man das gleiche Intarsienbild in verschiedenen Grössen und Formaten. Bei der Herstellung dieser Grossserien werden die Furnierstücke nicht mehr einzeln herausgesucht; die Oberflächentextur und der Farbton - das Wesentliche am ganzen Intarsienbild - sind rein zufällig.
Bilder, die auf so oberflächliche Art entstehen, können niemals ausgewogen oder harmonisch wirken.
Meine Intarsien-Auflagen beschränken sich auf maximal ein halbes Dutzend Bilder.
Sobald man mehr als 4 - 6 Furnierschichten (je nach Dicke) miteinander aussägt, werden die Stücke für meine Ansprüche zu ungenau.
Bei solchen Kleinst-Serien ist es auch noch möglich, jedes Furnierstück nach seiner bestimmten Funktion im Bilde, optimal auszusuchen. Dies geschieht schon beim «groben» Herausschneiden aus dem ganzen Furnierblatt gezielt und nicht selten auf den Millimeter genau. Innerhalb der gewählten Holzart werden Farbtonnuancen, Schnittlage und Textur berücksichtigt.
Die «Boulle-Technik» ist interessant,
wenn man mit einem einfarbigen Grund und einer andersfarbigen Einlage arbeitet.
Bei mir ist das ausschliesslich beim Aussägen von Silhouetten der Fall. Deshalb verwende ich diese Technik nur selten.
André Charles Boulle genügte die Wirkung, die durch das Zusammensetzen von Furnieren erzielt wurde, nicht mehr. Er verwendete deshalb Metalle, wie Messing, Kupfer, Zinn, Zink oder Silber als Einlegematerial. Zuletzt ersetzte er auch das Grundfurnier durch zu dünnen Tafeln gespaltenes und zu Flächen zusammengesetztes Schildpatt, das mit rotem oder manchmal auch grünem Papier unterlegt war.
Sobald er von den blichen Holzeinlegearbeiten abwich, stiess er auf technische Schwierigkeiten, vor allem auf dem Gebiet der Verleihung. Um zu noch genaueren Passfugen zu gelangen, erfand er diese heute noch verwendete und nach ihm benannte Technik: Boulle legte eine Metall- auf eine Schildpattplatte und sägte also die dunklen, einzulegenden Stücke gemeinsam mit dem hellen Schildpattgrund. Es entstand der «premier effet», "partiell oder «boulle» genannt. Die nicht gebrauchten Teile, also ein Metallgrund und ein Schildpattziermuster, konnten nun auch verwendet werden. Es ist der «deuxième effet», «contre-partie» oder «contre-boulle» genannt. Das «Positiv» und das «Negativ» wurden meistens an verschiedenen Möbeln verwendet. Es kam aber durchaus vor, dass sie an der gleichen Arbeit ihren Platz fanden. oft wurde das «Negativ» ganz einfach vernichtet.